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Dimensionen durchbrechen

Seit etwa sechs Jah­ren nut­ze ich regel­mä­ßig VR-Head­sets und habe in die­ser Zeit unzäh­li­ge Anwen­dun­gen aus­pro­biert – von Social VR über Spie­le und Sport bis hin zu Edu­ca­ti­on-Platt­for­men. Die Band­brei­te ist beein­dru­ckend. Jede die­ser Anwen­dun­gen kann für sich genom­men begeis­tern, neue Per­spek­ti­ven auf­zei­gen und Stau­nen aus­lö­sen. Den­noch bleibt immer wie­der eine zen­tra­le Fra­ge im Raum ste­hen: Was macht das Head­set eigent­lich so beson­ders? Was hebt Vir­tu­al Rea­li­ty von all den ande­ren Medi­en ab, die wir über Jah­re hin­weg schät­zen und lie­ben gelernt haben? War­um soll­te man ein VR-Head­set nut­zen, wenn man doch auch ein­fach einen Com­pu­ter­bild­schirm ver­wen­den kann?

Genau hier liegt auch der Knack­punkt. Neue Tech­no­lo­gien sind nicht per se ein­fa­cher oder kom­for­ta­bler. Sie müs­sen sich gegen das behaup­ten, was bereits lan­ge eta­bliert ist – mit all den Gewohn­hei­ten, dem Kom­fort und der Bequem­lich­keit, die damit ein­her­ge­hen. Zwar wur­den mitt­ler­wei­le Mil­lio­nen VR-Head­sets ver­kauft, doch vie­le von ihnen lan­den nach kur­zer Zeit unge­nutzt im Schrank. Die anfäng­li­che Eupho­rie ver­fliegt, der Wow-Effekt nutzt sich ab, und wenn kei­ne neu­en Inhal­te fol­gen, die wirk­lich fas­zi­nie­ren, ver­liert man leicht das Inter­es­se. Oder die Lebens­um­stän­de ändern sich ein­fach, und VR tritt wie­der in den Hintergrund.

Wäh­rend der Pan­de­mie jedoch konn­te man beob­ach­ten, wie sich der Nut­zen der vir­tu­el­len Rea­li­tät in einem ganz neu­en Licht zeig­te. Die Mög­lich­keit, trotz Iso­la­ti­on in Kon­takt zu blei­ben, gemein­sam in vir­tu­el­len Räu­men zu inter­agie­ren, war für vie­le ein ech­ter Anker. Die Meta­ver­se-Com­mu­ni­ty blüh­te regel­recht auf. Doch mit dem Ende der Lock­downs nor­ma­li­sier­te sich auch der All­tag wie­der, und vie­le Men­schen kehr­ten zu tra­di­tio­nel­len For­men der Kom­mu­ni­ka­ti­on zurück. Den­noch gibt es eine wach­sen­de Grup­pe, die nach wie vor fas­zi­niert ist und das Poten­zi­al von Vir­tu­al Rea­li­ty erkennt und aktiv nutzt.

Ein Blick auf die Gam­ing-Indus­trie zeigt aller­dings auch Schat­ten­sei­ten. Aus­ge­rech­net jene Bran­che, die häu­fig als Impuls­ge­ber für neue Tech­no­lo­gien gilt, zieht sich momen­tan spür­bar zurück. Stu­di­os schlie­ßen, Labels geben VR-Ent­wick­lun­gen auf, weil die erwar­te­ten Umsät­ze nicht rea­li­siert wer­den konn­ten. Die gro­ße Eupho­rie wich der ernüch­tern­den Rea­li­tät wirt­schaft­li­cher Zwän­ge. Dabei stellt sich erneut die Fra­ge: Wo liegt eigent­lich die wah­re Stär­ke von Vir­tu­al Reality?

Die Ant­wort ist eben­so ein­fach wie kraft­voll: in der Dimen­si­on. Und genau das wird lei­der oft ver­ges­sen – auch von vie­len Ent­wick­le­rin­nen und Ent­wick­lern. VR kämpft noch immer damit, das abzu­lö­sen, was wir bereits sehr gut ken­nen und was extrem hoch­wer­tig umge­setzt ist. Moder­ne Spie­le auf Kon­so­len oder High-End-PCs bie­ten unfass­bar rea­lis­ti­sche Erleb­nis­se mit unglaub­li­cher Detail­tie­fe. Stan­da­lo­ne-Head­sets hin­ge­gen kön­nen hier tech­nisch nicht mit­hal­ten. Gamer, die ein bestimm­tes Qua­li­täts­ni­veau gewohnt sind, wer­den daher oft ent­täuscht und keh­ren zu ihren bekann­ten Platt­for­men zurück.

Aber was VR leis­ten kann, was kein ande­rer Bild­schirm der Welt je leis­ten wird, ist das Erle­ben von Dimen­si­on in ech­ter Tie­fe. Die Fähig­keit, Objek­te in ihrer rea­len Grö­ße und Prä­senz zu sehen, sich davor zu bewe­gen, sie zu umrun­den, ein Gefühl für Pro­por­tio­nen und Maß­stä­be zu ent­wi­ckeln – das ist ein­zig­ar­tig. Ein Haus, eine Rake­te, ein Auto oder der Mars Rover Per­se­ver­ance wir­ken auf einem Bild­schirm klein, abs­trakt oder distan­ziert. In VR aber stehst du direkt davor. Du spürst förm­lich die Grö­ße, das Volu­men, das Gewicht die­ser Din­ge. Das ist etwas, das kein Text­buch, kein Video, kei­ne Power­Point jemals so ver­mit­teln kann.

Und genau dar­in liegt auch der wah­re Wert für Bil­dung und Wis­sens­ver­mitt­lung. VR kann Men­schen an Orte brin­gen, die sie im ech­ten Leben nie­mals errei­chen könn­ten – sei es wegen der Distanz, der Unzu­gäng­lich­keit oder der schie­ren Grö­ße. Ob frem­de Pla­ne­ten, der Grund des Oze­ans oder mikro­sko­pi­sche Wel­ten – all das wird greif­bar. Das ist kei­ne Spie­le­rei, das ist ein ernst­haf­ter Bei­trag zur Erwei­te­rung unse­res Hori­zonts und unse­rer Vor­stel­lungs­kraft. Wenn man es rich­tig anpackt, kann VR hier sei­ne Daseins­be­rech­ti­gung nicht nur behaup­ten, son­dern neu definieren.

Ein beson­ders ein­drucks­vol­les Bei­spiel aus dem Bereich Gam­ing ist für mich A Fisherman’s Tale. Die­ses Spiel nutzt die Mög­lich­kei­ten von Dimen­sio­nen auf eine Art, die auf einem fla­chen Bild­schirm schlicht unmög­lich wäre. Es spielt mit Maß­stab, Per­spek­ti­ve und räum­li­cher Wahr­neh­mung auf so krea­ti­ve Wei­se, dass man sich stän­dig fragt, wie so etwas über­haupt mög­lich ist. Genau hier liegt die Stär­ke. Die Welt ist drei­di­men­sio­nal – und genau dort muss die Tech­no­lo­gie anset­zen. Dort muss sie zei­gen, was sie kann. Und genau dort kann sie auch den Mehr­wert bie­ten, den es braucht, um in der brei­ten Mas­se Fuß zu fassen.

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Pierre Kretschmer

Senior Spezialist Digitales Marketing und Extended Reality. Gründer der VR Familie. Worldbuilder und Metaverse Enthusiast.

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